An unserem Küchentisch stehen sechs alte Ikea-Stühle, deren Sitzflächen viel zu weich sind. Was tun: neu kaufen oder neu machen?
Schon klar, dass die Frage für uns bei Ländchenlust nur rhetorisch war, oder? Da ich mich allerdings nie zuvor mit dem Bespannen oder Polstern von Stühlen beschäftigt hatte, war etwas Recherche nötig, bevor es losgehen konnte.
Ein verständlich gemachtes Video hatte ich auf YouTube gefunden, anschließend ein bisschen Material im Netz bestellt und gedacht: Was soll schon schiefgehen!? Erstmal an einem Stuhl Bespannen und Polstern üben und wenn es klappt, schaffe ich die restlichen fünf auch noch.
Bemerkung am Rande: Die folgende Bilderstrecke zeigt meine Arbeitsschritte und Ratschläge, um einen Stuhl neu zu bespannen und zu polstern. Vielleicht ist es nicht die beste Art und Weise, vielleicht steckt irgendwo in der Anleitung ein Fehler und du möchtest mir sagen, wie es handwerklich richtiger geht? Danke, wenn du mir unten in den Kommentaren antwortest.
1. Die Ausgangslage
So sieht der Henriksdal-Stuhl von unten aus, mit einem typischen Geflecht aus Längs- und Quergurten.Besonders stramm waren die Polstergurte ja nie; nach etlichen Jahren im täglichen Gebrauch sind sie mittlerweile komplett ausgeleiert.Dieses Werkzeug habe ich zum Reparieren der Stühle benutzt. Die meisten Geräte wie Schrauber, Klemmen, Messer oder Handtacker sind natürlich schon vorhanden; einzig einen richtigen Gurtspanner habe ich gekauft.Ohne einen solchen Gurtspanner wird es schwierig, die Polstergurte mit ausreichend Spannung zu fixieren. Und wenn das nicht klappt, sitzt man nachher wieder so schlecht wie vor der Reparatur.Achtung, sehr spitz: Mit dieser Seite des Gurtspanners bringe ich später den Jutegurt auf Zug. Aber nun der Reihe nach:
2. Los geht’s: Stuhl neu bespannen
Zunächst trenne ich den Vlies, der über dem Sitzpolster gespannt ist, vorsichtig mit einem Messer ab und entferne die Deckschicht des Polsters.Die seitlichen Polsterungen belasse ich am Holzrahmen, da die Bezüge des Henriksdal-Stuhls sonst später nicht fest um den gesamten Holzrahmen liegen.Die alten Polstergurte trenne ich mit einem Messer durch und……und löse mit Hammer und Schlitzschrauber vorsichtig die getackerten Endstücke der Gurte. Von allen Arbeitsschritten beim Bespannen und Polstern eines Stuhls war dies die aufwendigste Arbeit.Einige der Klammern ließen sich nur mithilfe einer Kombizange entfernen.Dieser Stuhl ist vorbereitet und kann nun neu bespannt und gepolstert werden. (Ja, bei einer Sitzgruppe mit sechs Stühlen musst du das alles sechs Mal machen ;-))Ich habe einen extra fest gewebten, sieben Zentimeter breiten Jutegurt zum Bespannen benutzt. Vorteile: sehr strapazierfähig, langlebig und umweltverträglich, kann genagelt oder getackert werden.Ich plane je drei Längs- und drei Quergurte auf jedem Rahmen ein. Bei den Abständen untereinander möglichst gleichmäßig arbeiten.Wichtiger Tipp speziell für den Henricksdal-Stuhl: Den hinteren Quergurt habe ich getackert und nicht genagelt. Beim ersten Stuhl hämmerte ich die Nägel versehentlich genau dort rein, wo später wieder die Lehne des Stuhls (Schraube ins Bohrloch) angebracht werden sollte. Plötzlich war das Bohrloch durch einen Nagel blockiert…Egal, ob man tackert oder nagelt: Das 3-2-System hat sich bewährt, also drei in die hintere Reihe, zwei versetzt davor, nachdem……ich zunächst mit einem schmalen Stück Pappe das Gurtende umgeschlagen hatte. Das Umschlagen mit Pappe verhindert das Ausfransen der Enden.Aber: Wie bringt man den Gurt eigentlich so richtig auf Zug? Nun kommt der eingangs erwähnte Gurtspanner ins Spiel.Oben am Rahmen wird der Gurt durch die spitze Seite des Spanners fixiert und unten auf dem Boden mit dem Fuß in Position gehalten.Dann wieder tackern oder nageln und schließlich mit zwei Zentimeters Überstand abtrennen.Der erste Gurt ist fertig. Bleiben an diesem Stuhl fünf weitere.Nach den drei Quergurten ist nun der erste Längsgurt dran, der unbedingt im Kreuzsystem eingefädelt werden sollte.Fertig: Sechs straff gespannte Gurte geben der Sitzfläche dieses Stuhls neue Stabilität.
3. Den alten Stuhl neu polstern
Das neue Sitzpolster aus fünf Zentimeter dicken Schaumstoff (bei der Auswahl auf Raumgewicht RG > 30 kg/cbm achten!) schneide ich mit dem Messer passend zu……und achte drauf, dass auch die Aussparungen, wo später die hinteren Stuhlbeine und die Lehne wieder angeschraubt werden, frei bleiben.Das Vlies habe ich zuvor in etwa 80 mal 80 cm große Stücke geschnitten. Zunächst wird eine Seite unterm Rahmen mit Klammern befestigt.Nun Seite für Seite stramm umschlagen, festtackern und schließlich……den überstehenden Vlies vorsichtig mit etwas Abstand zu den Klammern abtrennen.So sieht der neu bespannte und gepolsterte Stuhl von unten aus.Jetzt noch die hinteren Stuhlbeine wieder anschrauben und zu guter Letzt……schicke neue Bezüge für unsere Henriksdal-Stühle überziehen.
Fazit: Wir haben nun einige Wochen mit unseren neu bespannten und gepolsterten Stühlen verbracht und sind mit dem Ergebnis dieses Projektes zufrieden. Generell sollte man aber auf hochwertigen Schaumstoff für die Sitzflächen achten, die möglichst formstabil bleiben. Ob das bei dem Schaumstoff, den wir benutzt haben, der Fall ist, wird sich erst in mehreren Monaten zeigen. Aber du siehst: Einen Stuhl polstern und bespannen ist gar nicht so schwer — und günstig noch dazu.
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